Die Blauwale vor Timor in einer sich wandelnden Welt
Ein Blauwal taucht vor der Küste Osttimors
Jedes Jahr ziehen hunderte Blauwale der Küste entlang gegen Südwesten in Richtung Australien
Die Wanderungen werden jedoch stetig unberechenbarer
Eine unserer Touren bringt uns jedes Jahr in das weitgehen unbekannte südostasiatische Land Osttimor. Nur wenige Meter von der Küste entfernt ziehen jedes Jahr hunderte Blauwale von den Paarungsgründen in der Bandasee gen Südaustralien und Antarktis. Die Begegnungen mit den Blauwalen sind vermutlich die besten der Welt. Diese Tiere im Wasser zu sehen ist einfach nur unbeschreiblich… Tendenziell wird die Migration jedoch stetig unberechenbarer. Zeitlich unkonstanter und immer später befinden sich die Tiere auf der Wanderung. Wie und warum verschiebt sich die Migration dieser rund 1500 Tiere umfassenden Population?
Erst einmal muss festgehalten werden, dass wir noch gar keine langfristigen Aufzeichnungen über die Wanderungen der Blauwale in dieser Region der Welt haben. Vor 20 Jahren wusste kaum jemand, welches Naturschauspiel sich jedes Jahr an den Küsten Osttimors abspielt. Die Walbeobachtung und auch das Schwimmen mit Walen hat sich erst in den 2-3 Jahren vor der Coronapandemie entwickelt.
Doch schon nur in dieser Zeit hat sich die Hauptsaison der Blauwalwanderung verschoben. Vor 7-8 Jahren konnten die meisten Wale Ende September - Mitte Oktober beobachtet werden. In den letzten zwei Jahren war dies dann eher Anfang - Mitte November der Fall. Dies sind Verschiebungen von mehreren Wochen (!) in einer relativ kurzen Zeit. Zudem kam es auch zu interessanten Unterbrechungen in der Migration. 2022 kam im Oktober ein konstanter Fluss an Walen mit ein paar Tieren pro Tag. Dann folgte plötzlich eine 10-tägige Flaute und kein Tier tauchte mehr auf. Aber von einem Tag auf den nächsten öffneten sich die Schleusen und bis zu 25 Wale zogen pro Tag der Küste entlang. 2023 ein noch drastischeres Phänomen. Kaum ein Wal wurde bis Anfang November gesichtet. Danach stiegen die Zahlen kurz aber heftig. Gruppen mit bis zu 7 Walen wurden beobachtet.
Was könnten die Gründe für die obigen Entwicklungen sein? Wie so oft wissen wir wenig mit Sicherheit, haben aber unsere Theorien.
Kurzzeitige Unterbrechungen in der Migration wie oben beschrieben hängen wahrscheinlich stark mit Wind & Strömungen zusammen. Die Blauwale nutzen eine starke Strömung, die den Pazifik mit dem Indischen Ozean verbindet für ihre Wanderung. Verändert sich diese Strömung kurzzeitlich oder bläst der Wind in die Gegenrichtung, kann dies ein Grund für die Wale sein, ihre Migration zu stoppen. Warum gegen die Elemente ankämpfen, wenn sie einem kurze Zeit später gegen Australien tragen? Dazu kann sich durch Wind und Strömungen an spezifischen Stellen Futter (aka Krill) sammeln, was Wale dazu veranlassen kann, sich ein paar Tage die Bäuche vollzuschlagen. Futter ist im Tierreich ohnehin oft ein sehr starker Motivator.
Für die stärkeren Migrationsverschiebungen von mehreren Wochen müssen wir hingegen gewichtigere Entwicklungen ins Auge nehmen. Der Klimanotstand hat ungeheure Geschwindigkeiten und Auswirkungen erreicht. Geräde das Meer entwickelt sich immer mehr zu einem Wärmespeicher. Alleine in den letzten zwölf Monaten war die globale Durchschnittstemperatur an jedem Tag höher, als je zuvor. Obwohl es sich hier um absolut kleine Veränderungen handelt (um 1 Grad Celsius) hat dies auf die Ökosysteme massive Auswirkungen. Diese Lebensräume sind fragil und reagieren selbst auf kleine Veränderungen. 2024 kamen die Wale spät, waren aber besser gesättigt als in den Jahren zuvor. Scheinbar haben sie also, auch Dank des Phänomens El Nino, mehr Futter gefunden und deswegen die Migration verzögert.